Strom, Wärme und Mobilität zusammen denken, darum geht es bei der so genannten Sektorenkopplung. In Zukunft muss Energie flexibel zwischen allen drei Sektoren ausgetauscht werden können. Strom aus Wind und Sonne, der nicht unmittelbar für Elektrizität benötigt wird, findet Anwendung im Wärme- und Verkehrssektor und kann beispielsweise in Wärmepumpen fließen und Gebäude beheizen. Elektroautos können als kleine Stromspeicher dienen, mit denen wir uns klimafreundlich fortbewegen. Im Gegenzug können Biomasse-Blockheizkraftwerke dezentral Wärme und Strom produzieren, sollte die Stromproduktion aus Wind und Sonne einmal zu stark schwanken.
Die Sektorenkopplung bietet enorme Chancen für die Energiewende, die aktuelle Gesetzgebung birgt aber auch viele Hemmnisse. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) empfiehlt als erste Schritte die Flexibilisierung des Umlagensystems, um den Einsatz von Strom in anderen Sektoren wettbewerbsfähig zu machen. Gleichzeitig wäre die Abschaffung der inflexiblen Stromsteuer ein wichtiger Schritt. Aber auch ein die Wettbewerbsverzerrungen zwischen konventionellen Energieträgern und Erneuerbaren Energien abbauender CO2-Preis im Strom- und Wärmesektor würde einen starken Impuls darstellen.
Welche Möglichkeiten der Sektorenkopplung es gibt
Power-to-X bezeichnet die Gesamtheit der Technologien zur Nutzung von erneuerbarem Strom in anderen Energiesektoren oder zur Speicherung von Stromüberschüssen aus erneuerbaren Energien. Power bezeichnet die über dem Bedarf liegenden zeitweisen Stromüberschüsse und X steht für die Energieform (z.B. Power-to-Fuel) oder den Verwendungszweck (Power-to-Heat). Häufig gibt es Überschneidungen.
Bei Power-to-Gas werden aus überschüssigem erneuerbaren Strom „Energiegase“ erzeugt. Durch Elektrolyse von Wasser wird Wasserstoff erzeugt, der entweder direkt als Energiequelle, zum Beispiel in einer Brennstoffzelle, genutzt werden kann. Oder er wird durch Hinzufügen von Kohlenstoffatomen zu Methan umgewandelt. Methan ist nichts anderes als Erdgas, nur noch reiner und regenerativ. Es kann in Gasheizungen, Blockheizkraftwerken und Erdgasautos verbrannt werden. Methan lässt sich wie Erdgas problemlos speichern und transportieren. Die Infrastruktur dafür ist in Deutschland mit einem gut ausgebauten Erdgasnetz bereits vorhanden.
Power-to-Heat steht für Wärme aus erneuerbarem Strom. Solche Technologien gibt es schon lange. Eine der effizientesten Methoden, um aus Strom Wärme zu erzeugen, ist die Wärmepumpe. Dabei wird Wärme aus der Luft oder dem Erdreich genutzt. Diese Umgebungswärme lässt ein Kühlmittel in einem geschlossenen Kreislauf verdampfen. Ein Kompressor verdichtet das Gas weiter, wobei es sich erhitzt. An einem Wärmetauscher gibt das heiße, komprimierte Gas beim Verflüssigen die Wärmeenergie wieder ab. Für diesen Vorgang benötigt der Kompressor Strom, allerdings kann aus der elektrischen Energie das Drei- bis Vierfache an Wärmeenergie erzeugt werden. Wärmepumpen sind daher das Mittel der Wahl, aber nur dann effizient, wenn nicht sehr hohe Temperaturen benötigt werden. Soll es richtig heiß werden, beispielsweise in der Industrie oder für Fern- und Nahwärmenetze, werden Elektrodenkessel verwendet. Das sind große Tanks, in denen Wasser direkt erhitzt wird. Im Unterschied zum Tauchsieder kommen hier keine Heizstäbe zum Einsatz, sondern Elektroden in Salzwasser. Hier kann erneuerbarer Strom direkt in Wärme umgewandelt werden. Anders als bei der Wärmepumpe wird aus einer Kilowattstunde Strom aber nur etwas weniger als eine Kilowattstunde Wärme.
Bei der Power-to-Mobility-Technologie wird Strom zum Laden von Elektrofahrzeugen verwendet, also direkt im Mobilitätssektor angewandt. Zukunftsmodelle gehen davon aus, dass Batterien in Elektroautos künftig auch als kurzfristige Stromspeicher genutzt werden. Das heißt, dass sie dank intelligenter Regelung überschüssigen Strom aufnehmen, beispielsweise wenn viel Wind weht und die Sonne scheint, und bei Bedarf wieder ins Stromnetz abgeben, wenn nicht genügend erneuerbarer Strom vorhanden ist.
Mit Power-to-Liquids oder Power-to-Fuel wird elektrischer Strom in flüssige Kraftstoffe umgewandelt. Diese synthetischen Kraftstoffe oder auch E-Fuels ermöglichen es, mit herkömmlichen Antriebsmaschinen klimaneutral unterwegs zu sein. Bei der Herstellung von synthetischen Kraftstoffen werden chemische Verfahren eingesetzt. Mittels Strom aus erneuerbaren Energien wird in einer Elektrolyse Wasserstoff erzeugt. Der Wasserstoff wird dann in weiteren Synthese-Schritten zusammen mit Kohlenmonoxid oder -dioxid in Kohlenwasserstoffe umgewandelt. Die Kohlenwasserstoffe können durch Raffinerieprozesse zu handelsüblichen Brenn- und Kraftstoffen sowie Chemikalien weiterverarbeitet werden.